
Geiselnahme, die Erpresserische Entführung gemäß § 102 StGB
Einführung
Die erpresserische Entführung nach § 102 StGB ist eine der schwersten Straftaten im österreichischen Recht. Sie umfasst das Festhalten einer Person gegen ihren Willen, um einen Dritten zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu zwingen – etwa zur Zahlung von Lösegeld. Aufgrund der hohen Strafdrohungen und der komplexen rechtlichen Aspekte ist eine fundierte anwaltliche Beratung für Beschuldigte und Opfer unerlässlich. Dieser Artikel bietet einen sachlichen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, Strafen und Verteidigungsmöglichkeiten.
Rechtslage
Der Gesetzestext von § 102 StGB, wie im Rechtsinformationssystem (RIS) veröffentlicht, lautet:
Abs. 1: „Wer eine Person entführt oder aneignet, ohne deren Einwilligung, durch Gewalt, gefährliche Drohung oder Täuschung, um einen Dritten zu etwas zu zwingen, wird mit Freiheitsstrafe von zehn bis zwanzig Jahren bestraft.“
Abs. 3: „Verursacht der Täter den Tod der entführten Person, wird er mit Freiheitsstrafe von zehn bis zwanzig Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.“
Abs. 4: „Wer die Tat beendet, indem er die Person freilässt, ohne dass sie ernsthaft geschädigt wurde und ohne dass die geforderte Leistung erbracht wurde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“
Diese Bestimmungen sind seit 1975 in Kraft und bis heute (Stand 30. April 2025) gültig.
Tatbestandsmerkmale
Für eine Verurteilung nach § 102 StGB müssen folgende Elemente erfüllt sein:
Entführung oder Aneignung: Die Person wird durch Gewalt, Drohung oder Täuschung festgehalten.
Fehlende Einwilligung: Die betroffene Person stimmt der Freiheitsberaubung nicht zu.
Erpresserischer Zweck: Der Täter zielt darauf ab, einen Dritten zu einer Handlung (z. B. Lösegeldzahlung) zu zwingen.
Die Strafmilderung in Abs. 4 greift, wenn das Opfer unversehrt freigelassen wird, bevor der erpresserische Zweck erreicht ist.
Strafmaß
Die Strafen für erpresserische Entführung sind hoch:
Absatz | Tatbestand | Strafmaß |
---|---|---|
Abs. 1 | Grundtatbestand | 10 bis 20 Jahre Freiheitsstrafe |
Abs. 3 | Tod des Opfers | 10 bis 20 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafe |
Abs. 4 | Freilassung ohne Schaden | 6 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe |
Die hohe Strafdrohung reflektiert die Schwere der Tat und den Schutz der persönlichen Freiheit.
Verteidigungsmöglichkeiten
Für Beschuldigte
Beschuldigte können auf folgende Verteidigungsstrategien zurückgreifen:
Fehlende Tatbestandsmerkmale: Nachweis, dass kein erpresserischer Zweck bestand oder die Person freiwillig mitging.Mildernde Umstände: Freilassung des Opfers gemäß Abs. 4 kann die Strafe erheblich reduzieren.
Für Opfer
Opfer haben Anspruch auf:
Privatbeteiligung: Geltendmachung von Schadenersatz im Strafverfahren.
Prozessbegleitung: Unterstützung durch spezialisierte Einrichtungen.
Ein erfahrener Strafverteidiger kann in beiden Fällen die Interessen der Betroffenen wirksam vertreten.
Praktische Relevanz
Erpresserische Entführungen sind selten, aber schwerwiegend. Sie treten oft in Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder finanziellen Forderungen auf. Die Rechtsprechung zeigt, dass Gerichte die Tatbestandsmerkmale streng prüfen, insbesondere den erpresserischen Vorsatz.
Fazit
Die erpresserische Entführung nach § 102 StGB ist eine komplexe Straftat, die sowohl für Beschuldigte als auch für Opfer weitreichende Folgen hat. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung ist entscheidend, um die bestmögliche Strategie zu entwickeln – sei es zur Verteidigung oder zur Durchsetzung von Opferrechten.
Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Erstberatung, um Ihre Rechte zu schützen.