Widerstand gegen die Staatsgewalt
Widerstand gegen die Staatsgewalt stellt einen speziellen Fall der Nötigung dar, wobei der Grundtatbestand mit einer höheren Strafe als nach § 105 bedroht ist. Dadurch will der Gesetzgeber die Organe des Staates besonders schützen. Auch wenn man nicht unmittelbar durch die Amtshandlung betroffen ist, kann man als Täter in Frage kommen.
Der konkrete Gesetzeswortlaut des § 269 StGB:
§ 269 (1) Wer eine Behörde mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt und wer einen Beamten mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung hindert, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, im Fall einer schweren Nötigung (§106) jedoch mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer eine Behörde mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt oder einen Beamten mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Amtshandlung nötigt.
(3) Als Amtshandlung im Sinn der Abs. 1 und 2 gilt nur eine Handlung, durch die der Beamte als Organ der Hoheitsverwaltung oder der Gerichtsbarkeit eine Befehls- oder Zwangsgewalt ausübt.
(4) Der Täter ist nach Abs.1 nicht zu bestrafen, wenn die Behörde oder der Beamte zu der Amtshandlung ihrer Art nach nicht berechtigt ist oder die Amtshandlung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt.
Wer ist als Staatsgewalt geschützt?
In der Gewährleistung der rechtsstaatlichen Ordnung genießen sowohl Behörden als auch individuelle Beamte Schutz, vorausgesetzt, sie agieren in ihrer Funktion als Organe der Hoheitsverwaltung oder der Gerichtsbarkeit und üben eine Befehls- oder Zwangsgewalt aus. Die Zwangsgewalt ist die Durchsetzung einer bestimmten Maßnahme wie z.B eine Festnahme oder Beschlagnahme. Das Delikt wird auch dann nur einmal verwirklicht, wenn mehrere Personen gemeinsam und mit demselben Ziel oder denselben Zielen handeln und es trotzdem nur zu einer einmaligen Hinderung kommt.
Behörden
Ein Amt ist dann eine Behörde, wenn sie Hoheitsgewalt hat, also z.B Verordnungen oder Bescheide erlassen darf. Im Falle des § 269 sind Behörden die Bundesregierung, die Bundesministerien und die jeweiligen nachgeordneten Dienststellen, wie zum Beispiel die Polizei in Innsbruck.
Tatbestandsmerkmale
Hinderungen und Nötigungen: Im Kontext dieser Bestimmung bedeutet “hindern”, dass die Behörde oder der Beamte durch Handlungen oder Unterlassungen daran gehindert wird, eine bestimmte Amtshandlung auszuführen. “Nötigen” hingegen bezeichnet die Handlung, durch die die Behörde oder der Beamte gezwungen wird, eine Amtshandlung durchzuführen, die sie/er unter normalen Umständen nicht ausführen würde.
Gewalt: Gemäß der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung bezeichnet “Gewalt” die Anwendung von physischer Kraft, die nicht unerheblich ist, um einen tatsächlichen oder auch nur erwarteten Widerstand zu überwinden. Entscheidend ist dabei nicht der Kraftaufwand seitens des Täters, sondern vielmehr die objektive physische Krafteinwirkung auf das Opfer. Ein bloß passiver Widerstand – zB das Entgegensetzen des eigenen Körpergewichts – fällt nicht unter § 269 StGB.
Versuch und Vollendung
Das entscheidende Kriterium für die Vollendung des Widerstands gegen die Staatsgewalt besteht darin, dass die Amtshandlung aufgrund dessen, selbst wenn nur vorübergehend, vorzeitig abgebrochen oder in ihrem Ablauf wesentlich unterbrochen wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, kann nur von einem Versuch ausgegangen werden. Auch ein Vorsatz muss erkennbar sein, so muss z.B der Täter das Opfer auch als einen Beamten erkennen.
Strafbefreiung nach Absatz 4
Entscheidend für die Strafbefreiung ist, ob die Amtshandlung grundsätzlich zum Zuständigkeitsbereich der entsprechenden Behörde oder des betreffenden Beamten gehört, unabhängig davon, ob sie inhaltlich richtig oder opportunistisch war. Selbst wenn im konkreten Fall die Voraussetzungen für die Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt nicht gegeben waren, tritt die Strafbefreiung nicht ein, solange die Handlung im Rahmen des Geschäftsbereichs lag. Selbst bloße Formverstöße können die Strafbefreiung nicht herbeiführen.
Konsultierung eines spezialisierten Strafverteidigers unerlässlich
Sobald man mit einem Strafdelikt, wie dem Widerstand gegen die Staatsgewalt, konfrontiert wird, ist es grundsätzlich immer empfehlenswert, einen Rechtsanwalt mit Fachkenntnissen im Strafrecht zu konsultieren. Gerade bei sogenannten „Rechtspflegedelikten“ ist es jedoch umso wichtiger, einen Spezialisten im Strafrecht zu beauftragen, denn gerade bei diesen Delikten ist dringt die Überordnung des Staates noch mehr in den Vordergrund.