
Stalking im österreichischen Strafrecht: Die Rolle eines spezialisierten Strafverteidigers für Täter
Einführung
Stalking ist ein ernsthaftes Problem, das in Österreich zunehmend an Bedeutung gewinnt. Laut einer Studie der Universität Klagenfurt haben etwa 11% der Bevölkerung in Ostösterreich bereits Erfahrungen mit Stalking gemacht (Stalking – University of Klagenfurt). Dieses Verhalten, im österreichischen Strafrecht als „beharrliche Verfolgung“ (§ 107a StGB) definiert, kann schwerwiegende Konsequenzen für Betroffene haben. Doch auch Täter haben das Recht auf eine faire Verteidigung. Dieser Artikel beleuchtet, warum ein spezialisierter Strafverteidiger in Stalking-Fällen unverzichtbar ist, insbesondere für Beschuldigte, und wie er helfen kann, die komplexen rechtlichen und psychologischen Aspekte solcher Fälle zu navigieren.
Das österreichische Strafrecht zu Stalking
Seit dem Inkrafttreten des „Anti-Stalking-Gesetzes“ im Jahr 2006 ist Stalking in Österreich strafbar § 107a des Strafgesetzbuches (StGB) definiert „beharrliche Verfolgung“ als wiederholte Handlungen, die geeignet sind, die Lebensführung einer Person unzumutbar zu beeinträchtigen, und über einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden. Zu den strafbaren Verhaltensweisen gehören:
Physische Nähe suchen: Nachstellen, Warten vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Opfers.
Unerwünschte Kontaktaufnahme: Anrufe, SMS, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten oder Briefe.
Missbrauch persönlicher Daten: Bestellen von Waren oder Dienstleistungen im Namen des Opfers.
Einbindung Dritter: Veranlassen Dritter, Kontakt mit dem Opfer aufzunehmen.
Die Strafen variieren je nach Schwere des Falls. Standardmäßig droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen. Wenn die Verfolgung länger als ein Jahr andauert oder schwerwiegende Folgen wie Selbstmordversuche des Opfers nach sich zieht, kann die Strafe bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe betragen
Tatbestand | Strafe |
Beharrliche Verfolgung (§ 107a StGB) | Bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe oder 720 Tagessätze Geldstrafe |
Verfolgung > 1 Jahr oder schwerwiegende Folgen | Bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe |
Die Rolle eines spezialisierten Strafverteidigers
Ein spezialisierter Strafverteidiger ist in Stalking-Fällen von entscheidendem Wert, sowohl für Opfer als auch für Täter. Für Beschuldigte bietet ein solcher Anwalt folgende Unterstützung:
Tiefgehende Kenntnisse des Gesetzes
Ein erfahrener Strafverteidiger kennt die Feinheiten von § 107a StGB und kann genau prüfen, ob das Verhalten des Beschuldigten den gesetzlichen Tatbestand erfüllt. Nicht jede Kontaktaufnahme ist automatisch Stalking; es muss eine unzumutbare Beeinträchtigung über längere Zeit nachgewiesen werden.
Strategische Verteidigung
In Fällen, in denen Anschuldigungen übertrieben oder falsch sein könnten, entwickelt ein Anwalt Verteidigungsstrategien, um solche Behauptungen zu entkräften. Beispielsweise können vereinzelte Anrufe oder Nachrichten, die nicht die Schwelle der „beharrlichen Verfolgung“ erreichen, schnell entkräftet werden.
Verhandlungen mit der Staatsanwaltschaft
Ein spezialisierter Anwalt kann mit der Staatsanwaltschaft verhandeln, um eine Milderung der Anklage oder alternative Strafen zu erreichen. Dies ist besonders relevant, wenn der Beschuldigte bereit ist, sein Verhalten zu ändern oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Schutz der Rechte
Während des gesamten Verfahrens, von der polizeilichen Vernehmung bis zum Gerichtsprozess, stellt der Anwalt sicher, dass die Rechte des Beschuldigten gewahrt bleiben. Dies ist besonders wichtig, da Stalking-Vorwürfe emotional aufgeladen sein können und zu voreiligen Urteilen führen könnten.
Berücksichtigung psychischer Aspekte
Stalking-Verhalten kann mit psychischen Problemen oder Missverständnissen verbunden sein, etwa in Beziehungen nach einer Trennung. Ein Anwalt kann solche Umstände vor Gericht geltend machen, um eine angemessene Berücksichtigung in der Strafe zu erreichen, beispielsweise durch die Empfehlung von Therapie statt Haft.
Praktische Erfahrungen
In der Praxis zeigt sich, dass Stalking-Fälle oft eine differenzierte Betrachtung erfordern. Beispielsweise können Kontaktversuche nach einer Trennung fälschlicherweise als Stalking interpretiert werden. Ein spezialisierter Strafverteidiger kann klären, ob das Verhalten strafbar ist oder ob es sich um ein Missverständnis handelt.
Statistiken und gesellschaftliche Relevanz
Stalking ist ein weitverbreitetes Problem in Österreich. Laut einer Studie der Universität Klagenfurt haben etwa 11% der Befragten in Ostösterreich Stalking erlebt, wobei Frauen überproportional betroffen sind (Stalking – University of Klagenfurt). Statistik Austria berichtet, dass 23,5% der Frauen ab 15 Jahren körperliche Gewalt und 34,5% körperliche oder sexuelle Gewalt, einschließlich Stalking, erlebt haben (Gewalt gegen Frauen). Diese Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit, sowohl Opfer als auch Täter rechtlich zu unterstützen, um faire Verfahren zu gewährleisten.
Schlussfolgerung
Stalking ist ein komplexes und sensibles Thema, das sowohl Opfer als auch Täter betrifft. Während der Schutz der Opfer oberste Priorität hat, dürfen die Rechte der Beschuldigten nicht übersehen werden. Ein spezialisierter Strafverteidiger spielt eine Schlüsselrolle, um eine faire Behandlung zu gewährleisten, mögliche Missverständnisse aufzuklären und mildernde Umstände geltend zu machen. Wenn Sie mit einem Stalking-Vorwurf konfrontiert sind, ist es ratsam, sich an einen erfahrenen Strafverteidiger zu wenden, um die besten Chancen auf ein faires Verfahren zu haben.