
Rechtsgut und Schutzzweck
Der § 136 StGB schützt die Verfügungsgewalt des Berechtigten über sein Fahrzeug, insbesondere vor unbefugter Nutzung und den dadurch entstehenden Schäden. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht auf dem Eigentumsschutz, sondern auf der Sicherstellung der tatsächlichen Verfügungsbefugnis.
Tatobjekt
Tatobjekte sind Fahrzeuge mit Maschinenkraftantrieb, wie PKW, LKW, Motorräder und auch Baumaschinen oder Traktoren, die für den Maschinenkraftantrieb ausgelegt sind. Nicht erfasst sind beispielsweise Fahrräder ohne Motor oder Ruderboote.
Tathandlung (Abs. 1)
„In Gebrauch nehmen“ bedeutet jede Form der Nutzung des Fahrzeugs, wobei auch eine kurzzeitige Nutzung („Schwarzfahrt“) ausreichend ist. Entscheidend ist, dass dies ohne die Einwilligung des Berechtigten und mit dem Vorsatz erfolgt, dass der Täter keine Berechtigung zur Nutzung hat.
Qualifikationen
a) Gewaltqualifikation (Abs. 2):
Die Strafe wird erhöht, wenn der Täter sich die Gewalt über das Fahrzeug durch Einbruch (§ 129), durch Gewalt an Sachen (§ 130) oder durch Drohung/Gewalt gegen Personen (§ 131) verschafft hat. Der Strafrahmen beträgt hier eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.
b) Schadensqualifikation (Abs. 3):
Wird durch die unbefugte Nutzung ein Schaden von mehr als 5.000 Euro verursacht, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Bei einem Schaden über 300.000 Euro kann die Strafe bis zu drei Jahren betragen. Schäden umfassen sowohl Beschädigungen am Fahrzeug als auch an der Ladung und den Verbrauch von Betriebsmitteln (z. B. Treibstoff).
Strafausschließungsgründe (Abs. 4)
Privilegierte Personengruppen:
Ehegatten, eingetragene Partner, Verwandte in gerader Linie (Eltern, Kinder) sowie Geschwister oder andere Angehörige in einer Hausgemeinschaft und Dienstnehmer bei anvertrauten Dienstfahrzeugen sind von der Strafbarkeit ausgenommen, wenn sie tatsächlich berechtigt sind. Bei Angehörigen muss eine Hausgemeinschaft bestehen, und es darf keine bloß vorübergehende Berechtigung vorliegen. Der Strafausschluss gilt auch für Beteiligte (§ 12).
Prozessuales
Es handelt sich um ein Offizialdelikt, das keinen Antrag des Geschädigten erfordert. Es ist ein Vorsatzdelikt, und der Versuch ist ebenfalls strafbar. Eine Konkurrenz mit anderen Straftaten wie Diebstahl (§ 127), Sachbeschädigung (§ 125) oder Einbruchsdiebstahl (§ 129) ist möglich.
Praktische Bedeutung
§ 136 StGB ist insbesondere bei „Joyriding“ von Jugendlichen relevant, tritt aber auch häufig in familiären Konflikten oder im beruflichen Kontext bei der Nutzung von Dienstfahrzeugen auf. Eine Abgrenzung zum Diebstahl besteht darin, dass hier keine Zueignungsabsicht erforderlich ist.