Verpflichtung zur Genehmigung eines Bauvorhabens durch Baubewilligung oder Bauanzeige: Ein Leitfaden
In der Bauplanung und -durchführung gibt es klare Vorschriften, welche Bauvorhaben einer Genehmigung bedürfen und welche lediglich anzeigepflichtig sind. § 28 der Tiroler Bauordnung (TBO) regelt diese Aspekte und definiert Ausnahmen, um eine reibungslose und rechtssichere Abwicklung von Bauprojekten zu gewährleisten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die bewilligungs– und anzeigepflichtigen Bauvorhaben sowie die Ausnahmen, die weder eine Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen und somit ohne Genehmigung der Baubehörde ausgeführt werden dürfen.
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
Einer Baubewilligung bedürfen folgende Bauvorhaben, sofern nicht in den Absätzen 2 und 3 anders festgelegt:
Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden: Hierunter fallen sämtliche Erweiterungen, Neubauten und Umgestaltungen bestehender Gebäude.
Wesentliche Änderungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen: Änderungen, die die allgemeinen bautechnischen Erfordernisse erheblich beeinflussen.
Änderung des Verwendungszwecks: Wenn die Nutzungsänderung eines Gebäudes oder Gebäudeteils die Zulässigkeit nach bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften beeinflusst. Eine Ausnahme besteht bei der gewerblichen Beherbergung von Gästen in maximal drei Wohnungen mit bis zu zwölf Betten, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Freizeitwohnsitze: Die Verwendung bisher anderweitig genutzter Gebäude oder Teile davon als Freizeitwohnsitz oder deren Änderungen, sofern keine Ausnahmebewilligung vorliegt.
Gastgewerbebetriebe: Die Nutzung von Räumlichkeiten zur Beherbergung von Gästen.
Sonstige bauliche Anlagen: Errichtung und Änderung anderer baulicher Anlagen, die die bautechnischen Anforderungen wesentlich beeinflussen.
Anzeigepflichtige Bauvorhaben
Bauvorhaben, die nicht unter die oben genannten Bewilligungspflichten fallen, müssen der Behörde angezeigt werden. Anzeigepflichtige Vorhaben umfassen:
Untergeordnete Bauteile und Balkonverglasungen: Änderungen an bestehenden baulichen Anlagen.
Stützmauern und Einfriedungen bis 2 m: Bau oder Änderung von Stützmauern und Einfriedungen.
Terrassen, Pergolen und mobile Schwimmbecken: Änderungen und Errichtungen, die nicht vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind.
Landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Bauten: Errichtung und Änderung von Städeln, Weidezelten, Weideunterständen, Gerätehütten, Bienenhäusern und Kulturschutzanlagen.
Sport- und Kinderspielplätze: Änderungen und Errichtungen von Sportplätzen und Kinderspielplätzen.
Renovierungen: Größere Renovierungen, die nicht unter die bewilligungspflichtigen Vorhaben fallen.
Überdachungen und Container: Kleinere bauliche Veränderungen wie Flugdächer, Überdachungen, Container und Parkplätze.
Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen: Anbringung und Änderung von Solaranlagen über einer bestimmten Größe.
Ausnahmen von der Bewilligungs- und Anzeigepflicht
Einige Bauvorhaben benötigen weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen:
Innenbaumaßnahmen: Baumaßnahmen im Inneren von Gebäuden, die keine wesentlichen bautechnischen Erfordernisse berühren.
Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen: Arbeiten zur Erhaltung und Instandsetzung von baulichen Anlagen, die keine wesentlichen Änderungen bedeuten.
Kleine Einfriedungen und Stützmauern: Errichtung von Einfriedungen bis 1,5 m und Stützmauern bis 1 m Höhe.
Werbeeinrichtungen: Freistehende Werbeanlagen außerhalb geschlossener Ortschaften.
Ladestationen für Elektrofahrzeuge: Bauliche Anlagen für freistehende Ladestationen.
Kleine Solaranlagen: Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen bis zu einer Fläche von 100 m².
Kleingebäude und Schuppen: Errichtung und Änderung von kleinen Geräteschuppen und ähnlichen Strukturen bis zu einer bestimmten Größe.
Agrar- und Bienenstandbauten: Hagelschutznetze, kleine Weidezelte, Folientunnels und Bienenstände.
Verfahren und Fristen
Antragstellung oder Anzeige: Bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben muss ein Antrag bei der zuständigen Baubehörde eingereicht werden, der alle erforderlichen Unterlagen wie Baupläne und Beschreibungen enthält. Bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben ist eine formlose Anzeige bei der Baubehörde ausreichend.
Prüfung durch die Baubehörde: Die Behörde prüft den Antrag oder die Anzeige und stellt sicher, dass das Bauvorhaben den gesetzlichen Vorschriften entspricht.
Erteilung der Bewilligung oder Bestätigung der Anzeige: Bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben erteilt die Baubehörde eine schriftliche Genehmigung. Bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben bestätigt die Baubehörde die Anzeige und kann gegebenenfalls Auflagen machen.
Fazit
§ 28 TBO bietet klare Richtlinien für bewilligungs- und anzeigepflichtige Bauvorhaben sowie Ausnahmen, die den Bauablauf vereinfachen. Bauherren und Planer sollten diese Vorschriften sorgfältig beachten, um rechtliche Probleme zu vermeiden und eine effiziente Abwicklung ihrer Bauprojekte zu gewährleisten. Diese Regelungen tragen zur Sicherheit, Ordnung und Nachhaltigkeit im Bauwesen bei und fördern eine verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Baukultur in Tirol.