Tätige Reue § 167 StGB
§ 167 des österreichischen Strafgesetzbuches (StGB) regelt die Möglichkeit der tätigen Reue, durch die unter bestimmten Voraussetzungen die Strafbarkeit für eine Reihe von Delikten aufgehoben werden kann. Diese Bestimmung stellt eine Ausnahme im Strafrecht dar und bietet Tätern die Möglichkeit, durch Wiedergutmachung des Schadens einer Bestrafung zu entgehen.
Der Wortlaut des § 167 StGB lautet:
Die Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung, Datenbeschädigung, Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems, Diebstahls, Entziehung von Energie, Veruntreuung, Unterschlagung, dauernder Sachentziehung, Eingriffs in fremdes Jagd- oder Fischereirecht, Entwendung, Betrugs, betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs, Erschleichung einer Leistung, Notbetrugs, Untreue, Geschenkannahme durch Machthaber, Förderungsmissbrauchs, betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, Wuchers, betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers, grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, Vollstreckungsvereitelung und Hehlerei wird durch tätige Reue aufgehoben.
Dem Täter kommt tätige Reue zustatten, wenn er,
– bevor die Behörde (§ 151 Abs. 3) von seinem Verschulden erfahren hat,
– wenngleich auf Andringen des Verletzten,
– so doch ohne hiezu gezwungen zu sein,
– den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht oder
– sich vertraglich verpflichtet, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit solche Schadensgutmachung zu leisten.
Der Täter ist auch nicht zu bestrafen, wenn er den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden im Zug einer Selbstanzeige gutmacht.
Der Täter ist auch dann nicht zu bestrafen, wenn ein Dritter in seinem Namen oder ein anderer an der Tat Mitwirkender den ganzen aus der Tat entstandenen Schaden unter den im Abs. 2 genannten Voraussetzungen gutmacht.
Anwendungsbereich und Voraussetzungen
Die tätige Reue nach § 167 StGB kann bei einer Vielzahl von Delikten zur Anwendung kommen. Dazu gehören unter anderem Sachbeschädigung (§ 125 StGB), Diebstahl (§ 127 StGB), Betrug (§ 146 StGB) und Untreue (§ 153 StGB).
Wesentliche Voraussetzungen für die Anwendung der tätigen Reue sind:
1. Zeitpunkt: Die Wiedergutmachung muss erfolgen, bevor die Behörde vom Verschulden des Täters Kenntnis erlangt hat.
2. Freiwilligkeit: Die Schadenswiedergutmachung muss freiwillig erfolgen; ein Zwang zur Wiedergutmachung darf nicht vorliegen.
3. Umfang: Der gesamte durch die Tat entstandene Schaden muss ersetzt werden.
Beispiele aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer entwendet aus dem Lager seines Arbeitgebers Waren im Wert von 1.000 Euro. Bevor der Arbeitgeber den Diebstahl bemerkt und Anzeige erstattet hat, bringt der Arbeitnehmer die Waren zurück und entschuldigt sich beim Arbeitgeber. In diesem Fall könnte die tätige Reue gemäß § 167 StGB zur Anwendung kommen und eine Strafverfolgung verhindern.
Eine Person täuscht einen anderen über ihre Zahlungsfähigkeit und erhält dadurch eine Dienstleistung im Wert von 500 Euro ohne diese zu bezahlen. Noch bevor der Geschädigte Anzeige erstattet oder die Polizei informiert wird, zahlt die Person den offenen Betrag vollständig zurück.
Rechtsprechung
Die österreichische Rechtsprechung hat sich mehrfach mit der Auslegung und Anwendung des § 167 StGB befasst:
OGH-Entscheidung (12Os127/15s): In einem Fall von Veruntreuung wurde festgestellt, dass tätige Reue nur dann anerkannt wird, wenn der gesamte Schaden ersetzt wird und dies vor Kenntniserlangung durch die Behörde erfolgt.
OGH-Entscheidung (14Os49/20t): Hier wurde klargestellt, dass auch eine vertragliche Verpflichtung zur Schadenswiedergutmachung ausreichend sein kann; jedoch lebt die Strafbarkeit wieder auf, wenn diese Verpflichtung nicht eingehalten wird.
[Quelle: RIS-Justiz RS0120233]
Fazit
§ 167 StGB bietet Tätern eine Möglichkeit zur Straffreiheit durch Wiedergutmachung des verursachten Schadens unter bestimmten Bedingungen. Diese Regelung fördert das Interesse an einer schnellen und vollständigen Schadenswiedergutmachung und kann sowohl für Täter als auch für Opfer vorteilhaft sein.