Aussagebefreiungs- und Aussageverweigerungsrecht
Aussagebefreiungsrecht § 156 StPO
Das Aussagebefreiungsrecht gemäß § 156 StPO bezieht sich auf bestimmte Personengruppen, die von der Pflicht zur Zeugenaussage befreit sind. Diese Befreiung dient dem Schutz persönlicher Beziehungen und der Wahrung besonderer Interessen.
1. Angehörige: Personen, die im Verfahren gegen einen Angehörigen aussagen sollen, sind von der Pflicht zur Aussage befreit. Dies umfasst enge Familienmitglieder wie Ehepartner, Eltern, Kinder und Geschwister (§ 72 StGB). Diese Regelung soll familiäre Bindungen schützen und verhindern, dass Angehörige in Loyalitätskonflikte geraten.
“Von der Pflicht zur Aussage sind befreit […] Personen, die im Verfahren gegen einen Angehörigen (§ 72 StGB) aussagen sollen.” [Quelle: § 156 Abs. 1 Z 1 StPO]
2. Besonders schutzbedürftige Opfer: Besonders schutzbedürftige Opfer gemäß § 66a StPO sind ebenfalls von der Aussagepflicht befreit, sofern die Parteien Gelegenheit hatten, sich an einer vorausgegangenen kontradiktorischen Vernehmung zu beteiligen (§§ 165, 247 StPO). Diese Regelung schützt Opfer vor zusätzlicher Belastung durch wiederholte Aussagen.
Besonders schutzbedürftige Opfer (§ 66a), wenn die Parteien Gelegenheit hatten, sich an einer vorausgegangenen kontradiktorischen Vernehmung zu beteiligen.” [Quelle: § 156 Abs. 1 Z 2 StPO]
3. Erwachsene Privatbeteiligte: Eine erwachsene Person, die als Privatbeteiligte am Verfahren mitwirkt (§ 67 StPO), ist von der Aussagepflicht nicht befreit.
“Nach Abs. 1 Z 1 ist eine erwachsene Person, die als Privatbeteiligte am Verfahren mitwirkt (§ 67), von der Aussage nicht befreit.” [Quelle: § 156 Abs. 2 StPO]
4. Mehrere Beschuldigte: Besteht die Befreiung von der Aussage nur gegenüber einem von mehreren Beschuldigten oder Sachverhalten, so ist der Zeuge hinsichtlich der anderen nur dann befreit, wenn eine Trennung der Aussagen nicht möglich ist.
“Besteht die Befreiung von der Aussage im Verfahren gegen mehrere Beschuldigte nur gegenüber einem von ihnen, so ist der Zeuge hinsichtlich der anderen nur dann befreit, wenn eine Trennung der Aussagen nicht möglich ist.”[Quelle: § 156 Abs. 3 StPO]
Aussageverweigerungsrecht § 157 StPO
Das Aussageverweigerungsrecht gemäß § 157 StPO gewährt bestimmten Personen das Recht, die Aussage zu verweigern. Dieses Recht dient dem Schutz vor Selbstbelastung und dem Schutz beruflicher Geheimnisse.
1. Selbstbelastung und Angehörige: Personen können die Aussage verweigern, wenn sie sich selbst oder einen Angehörigen strafrechtlicher Verfolgung oder Selbstbelastung aussetzen würden.
“Zur Verweigerung der Aussage sind berechtigt […] Personen, soweit sie ansonsten sich oder einen Angehörigen […] strafrechtlicher Verfolgung oder […] Selbstbelastung aussetzen würden.” [Quelle: § 157 Abs. 1 Z 1 StPO]
2. Berufsgeheimnisse: Verteidiger, Rechtsanwälte und andere Berufsgruppen wie Notare und Wirtschaftstreuhänder können über das schweigen, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist.
“Verteidiger […] über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist.”[Quelle: § 157 Abs. 1 Z 2 StPO]
3. Psychosoziale Berater: Fachärzte für Psychiatrie und andere psychosoziale Berater haben ebenfalls ein Recht auf Aussageverweigerung bezüglich Informationen aus ihrer beruflichen Tätigkeit.
“Fachärzte für Psychiatrie […] über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist.” [Quelle: § 157 Abs. 1 Z 3 StPO]
4. Medienmitarbeiter: Medieninhaber und Mitarbeiter können über Quellen und Mitteilungen schweigen, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit gemacht wurden.
“Medieninhaber […] über Fragen […] welche die Person des Verfassers […] betreffen.”[Quelle: § 157 Abs. 1 Z 4 StPO]
5. Wahlberechtigte: Wahlberechtigte können darüber schweigen, wie sie ihr Wahl- oder Stimmrecht ausgeübt haben.
“Wahlberechtigte darüber, wie sie ein gesetzlich für geheim erklärtes Wahl- oder Stimmrecht ausgeübt haben.” [Quelle: § 157 Abs. 1 Z5 StPO]
Folgen der Verlesung einer nichtigen Erkundigung im Hauptverfahren
Erkundigungen dienen gemäß §152 StPO der Aufklärung einer Straftat und Vorbereitung einer Beweisaufnahme; sie dürfen jedoch nicht dazu verwendet werden, formelle Vernehmungen zu umgehen.
Wenn eine Erkundigung unter Umgehung dieser Bestimmungen durchgeführt wurde (z.B., ohne ordnungsgemäße Belehrungen), gilt diese als nichtig:
– Nichtigkeit bei Umgehungsverboten:
„Die Bestimmungen über die Vernehmung des Beschuldigten und von Zeugen dürfen durch Erkundigungen bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden.“ [Quelle: §152 Abs1StPO]
– Verwertungsverbot in Hauptverhandlung:
Die Verwendung solcher nichtigen Erkundigungen in einer Hauptverhandlung führt zur Nichtigkeit des Beweismittels.
„Protokolle über die Vernehmung von Mitbeschuldigten und Zeugen […] dürfen bei sonstiger Nichtigkeit nur in den folgenden Fällen verlesen oder vorgeführt werden…“ [Quelle :§252Abs1StPO]
– Rechtsfolgen bei Verletzung des Umgehungsverbots:
Ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot kann zur Unverwertbarkeit des Beweismittels führen.
„Ein Zeuge ist zwar über das Entschlagungsrecht zu belehren…“[ Quelle :RIS-Justiz RS0122589 S .1]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl das Aussagebefreiungs -als auch das -Verweigerungsrecht wesentliche Schutzmechanismen darstellen, die sicherstellen sollen, dass Zeugen keine unzumutbaren Belastungen erfahren. Die Missachtung dieser Rechte kann schwerwiegende prozessuale Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere wenn es um die Verwendung nichtiger Erkundigungen geht .