
Wann darf mein Handy durchsucht werden?
Die Frage, ob die Polizei berechtigt ist, ein Handy zu durchsuchen, ist im österreichischen Strafrecht ein sensibles Thema, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Privatsphäre. Handys enthalten oft sensible Daten wie Kommunikation, Fotos und Standortinformationen, weshalb der Eingriff in die Privatsphäre gemäß Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verhältnismäßig sein muss. Die Strafprozessordnung (StPO) regelt die relevanten Verfahren, und aktuelle Verfassungsgerichtshof-Entscheidungen haben die Rahmenbedingungen ab 2025 verändert.
Rechtliche Grundlagen für die Durchsuchung
Die Durchsuchung eines Handys fällt unter die §§ 102 bis 110 StPO, die die Durchsuchung von Personen, Wohnungen und Sachen regeln. Konkret:
§ 102 StPO erlaubt die Durchsuchung bei dem Verdächtigen, sowohl zur Ergreifung als auch zur Auffindung von Beweismitteln, wenn ein Verdacht auf Straftat vorliegt.
§ 103 StPO regelt die Durchsuchung bei anderen Personen, die nicht verdächtigt werden, aber Beweismittel besitzen könnten.
§ 110 StPO spezifiziert die Durchsicht von Papieren und elektronischen Speichermedien, was Handys einschließt. Hier heißt es, dass die Durchsicht zulässig ist, wenn sie während einer Durchsuchung erfolgt und auf räumlich getrennte Speichermedien erstreckt werden kann, wenn ein Datenverlust zu befürchten ist.
Eine Durchsuchung erfordert grundsätzlich einen richterlichen Beschluss, außer bei Gefahr im Verzug (§ 112 StPO). Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof am 14. Dezember 2023 entschieden, dass die Sicherstellung von Handys ohne richterlichen Beschluss verfassungswidrig ist, da sie das Recht auf Datenschutz und Privatleben verletzt. Die betroffenen Bestimmungen (§§ 110 Abs. 1 Z 1, Abs. 4 und 111 Abs. 2 StPO) sind ab 1. Jänner 2025 außer Kraft, was bedeutet, dass ab diesem Datum immer ein richterlicher Beschluss erforderlich ist, um ein Handy zu sichern und durchzusuchen.
§ 120 StPO
§ 120 StPO legt die allgemeinen Bedingungen für Durchsuchungen fest, einschließlich von Orten, Objekten und Personen. Es sieht vor, dass bestimmte Durchsuchungen eine Anordnung des Staatsanwalts mit richterlicher Genehmigung erfordern, während in dringenden Fällen die Polizei unter bestimmten Umständen ohne solche Genehmigung handeln kann. Für Handy-Durchsuchungen ist § 120 besonders relevant, da ein Handy als Objekt mit persönlichen Daten betrachtet wird. Die jüngste Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Dezember 2023 hat klargestellt, dass die Sicherstellung eines Handys ohne richterlichen Beschluss verfassungswidrig ist, was ab dem 1. Jänner 2025 gilt. Dies verstärkt die Notwendigkeit eines richterlichen Beschlusses gemäß § 120.
§ 123 StPO
§ 123 StPO regelt körperliche Untersuchungen, die aufgrund ihrer invasiven Natur spezifische rechtliche Rechtfertigungen und Genehmigungen erfordern. Obwohl es nicht direkt auf Handy-Durchsuchungen anwendbar ist, unterstreicht es die Bedeutung des Schutzes der persönlichen Integrität. Dieses Prinzip kann analog auf digitale Durchsuchungen angewendet werden, da beide Eingriffe in die Privatsphäre darstellen. § 123 fordert beispielsweise, dass körperliche Untersuchungen mit Zustimmung oder unter bestimmten Bedingungen ohne Zustimmung durchgeführt werden können, was die Balance zwischen Strafverfolgung und Privatsphäre betont.
Sicherstellung und Beschlagnahme im Detail
Die Begriffe “Sicherstellung” und “Beschlagnahme” sind im österreichischen Strafrecht klar unterschieden:
Sicherstellung:
Dies ist die vorläufige Wegnahme eines Gegenstands, um Beweismittel zu sichern, bis eine Entscheidung über die weitere Verwendung getroffen wird. Früher war sie bei Gefahr im Verzug ohne richterlichen Beschluss möglich (§ 110 StPO), aber ab 2025 ist dies nicht mehr zulässig. Die Polizei muss die Sicherstellung der zuständigen Staatsanwaltschaft melden, und wenn die Voraussetzungen fehlen, muss sie aufgehoben werden.
Beschlagnahme:
Dies ist die formelle Einbehaltung für die Dauer des Verfahrens, die einen richterlichen Beschluss erfordert (§ 115 StPO). Sie erfolgt, wenn das Handy als Beweismittel oder Tatmittel (z. B. bei Cyberkriminalität) relevant ist und voraussichtlich im Verfahren benötigt wird.
Ein Beispiel: Wenn die Polizei ein Handy sichert, weil sie vermutet, dass es Beweise für eine Straftat enthält, und später entscheidet, es für das Verfahren zu behalten, wird es beschlagnahmt. Beide Maßnahmen schützen die Integrität der Beweismittel, aber die Beschlagnahme ist dauerhafter und formeller.
Passwort-Herausgabe: Rechtliche und Praktische Aspekte
Die Frage, ob man sein Passwort herausgeben muss, ist rechtlich umstritten und hängt von der Auslegung des Schutzes vor Selbstbelastung ab, der in § 9 StPO und Artikel 6 EMRK verankert ist. Der Grundsatz besagt, dass niemand gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten. Daher scheint es unwahrscheinlich, dass die Polizei zwingen kann, ein Passwort preiszugeben, da dies als Zeugenaussage gegen einen selbst angesehen werden könnte.
In der Praxis wird oft argumentiert, dass die Passwort-Herausgabe keine inhaltliche Aussage über die Straftat ist, sondern lediglich den Zugang zu Beweismitteln ermöglicht. Dennoch gibt es keine einheitliche Rechtsprechung in Österreich, und es gibt keine explizite gesetzliche Grundlage, die dich dazu verpflichtet. Wenn du dich weigerst, kann die Polizei versuchen, das Gerät anderweitig zu entsperren, z. B. durch technische Mittel wie Spezialsoftware. Eine Zwangshandlung zur Passwort-Herausgabe könnte jedoch rechtlich angefochten werden, insbesondere im Lichte des Datenschutzrechts.
Eine unerwartete Komplexität ist, dass die Polizei möglicherweise auf andere Weise Zugang verschaffen kann, z. B. durch Gerichtsbeschlüsse, die technische Lösungen vorschreiben, ohne dich direkt zu verpflichten. Dies zeigt, wie technologische Entwicklungen die rechtlichen Rahmenbedingungen herausfordern.
Praktische Aspekte und Empfehlungen
Wenn du der Meinung bist, dass die Durchsuchung oder Beschlagnahme deines Handys unrechtmäßig war, kannst du eine Beschwerde gemäß § 106 StPO bei der zuständigen Staatsanwaltschaft oder beim Gericht einlegen. Nach Abschluss des Verfahrens kannst du die Rückgabe deines Handys und die Löschung irrelevanter Daten verlangen. Es ist ratsam, sofort einen Anwalt zu kontaktieren, um die Rechte zu wahren und mögliche unverhältnismäßige Maßnahmen der Polizei anzufechten.
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Polizei ein Handy nur mit einem richterlichen Beschluss durchsuchen darf, insbesondere ab 2025, wo die Sicherstellung ohne solchen Beschluss verfassungswidrig ist. Sicherstellung und Beschlagnahme sind unterschiedliche Maßnahmen, beide erfordern normalerweise einen richterlichen Beschluss. Man ist nicht verpflichtet, ein Passwort herauszugeben, da dies als Selbstbelastung angesehen werden könnte, aber die Praxis ist komplex und umstritten. Dieses Thema bleibt ein dynamisches Feld, das stark vom Einzelfall abhängt, und rechtliche Beratung ist essenziell.