Suchtmitteldelikte
Der Erwerb und der Besitz von Substanzen mit Suchtpotenzial unterliegen in der Regel den Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes (SMG). Dieses Gesetz unterscheidet verschiedene Kategorien:
Suchtgifte: Dazu gehören Stoffe und Zubereitungen, die in der Einzigen Suchtgiftkonvention von 1961 aufgeführt sind. Beispiele sind Cannabis, Kokain und Opium.
Psychotrope Stoffe: Typischerweise handelt es sich dabei um Tabletten wie “Valium” oder “Rohypnol” (Wirkstoff Benzodiazepine) oder “Substitol” (Wirkstoff Morphin).
Vorläuferstoffe: Das sind Substanzen, die bei der Herstellung von Suchtmitteln und psychotropen Stoffen verwendet werden, wie z. B. Ephedrin, Safrol, Essigsäureanhydrid, Aceton, Schwefelsäure und Salzsäure.
Ist jeder Besitz von Suchtmitteln, auch geringfügige Mengen, strafbar?
Die strafrechtliche Verfolgung wegen Besitzes von Suchtmitteln setzt keine bestimmte Menge voraus. Das bedeutet, dass auch der Besitz geringer Mengen für den Eigengebrauch grundsätzlich strafbar ist. Allerdings wurde Anfang 2016 eine Gesetzesreform eingeführt, die vorsieht, dass die Staatsanwaltschaft oder das Gericht unter bestimmten Bedingungen vorübergehend von der Verfolgung absehen kann, wenn der Besitz von Suchtmitteln unterhalb einer bestimmten Grenzmenge liegt (weitere Informationen dazu folgen unten).
Der häufigste Anwendungsfall bei Suchtmittelverstößen in der Praxis betrifft § 27 des SMG. Dieser Paragraph regelt, dass Personen, die widerrechtlich:
- Suchtgift erwerben, besitzen, herstellen, transportieren, einführen, ausführen oder einem anderen anbieten, überlassen oder verschaffen,
- Opiummohn, den Kokastrauch oder die Cannabispflanze zum Zweck der Suchtgiftgewinnung anbauen, oder
- psilocin-, psilotin- oder psilocybinhaltige Pilze einem anderen anbieten, überlassen, verschaffen oder zum Zweck des Suchtgiftmissbrauchs anbauen,
mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen bestraft werden.
Wenn die Tat in einem öffentlichen Verkehrsmittel, einem öffentlichen Gebäude oder gewerbsmäßig begangen wird, ist der Strafrahmen gemäß § 27 Abs. 2a SMG deutlich höher. Eine Handlung wird gewerbsmäßig begangen, wenn die Absicht besteht, sich durch wiederholte Begehung über einen längeren Zeitraum ein fortlaufendes Einkommen von mindestens monatlich € 400,00 zu verschaffen.
Die Strafandrohungen hängen insbesondere von der Menge der gefundenen Suchtmittel ab. Wenn die Grenzmenge gemäß § 28b SMG überschritten wird, erhöht sich der Strafrahmen für Besitz und Erwerb gemäß § 28a SMG auf fünf Jahre. Wenn die Tat jedoch gewerbsmäßig ausgeübt wird, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung stattfindet oder die Menge um das Fünfzehnfache überschritten wird (große Menge), beträgt der Strafrahmen ein bis 10 Jahre Freiheitsstrafe.
Wenn ein Täter süchtig ist und eine Straftat nach §§ 27 oder 28a SMG hauptsächlich begeht, um sich Suchtmittel für den persönlichen Gebrauch zu beschaffen, gelten gemäß § 27 Abs. 2 SMG niedrigere Strafandrohungen.
Der Konsum von Suchtmitteln ist nicht strafbar. Allerdings ist der Konsum zwangsläufig mit dem Besitz oder Erwerb von Suchtmitteln verbunden, was strafbar ist. Selbst das einfache Ziehen an einem Joint wird als Besitz und somit als strafbar angesehen (OGH 11 Os 94/78). Das SMG unterscheidet nicht zwischen “weichen” und “harten” Drogen, die Strafdrohungen sind für alle Suchtmittel gleich.
In der Praxis kommt es oft vor, dass Substanzen, die keine Suchtmittel sind, als solche verkauft werden, wie z. B. Puderzucker oder Waschpulver als Kokain oder Kräuter als Cannabis. Wenn jemand glaubt, dass er dadurch nicht strafbar ist, liegt er jedoch falsch. In solchen Fällen wird oft ein Strafverfahren wegen Betrugs gemäß § 146 StGB eingeleitet.
Therapie statt Strafe
Was passiert, wenn die Polizei eine Person mit einer geringen Menge Drogen erwischt? Die Drogen werden beschlagnahmt, und es wird eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt. Es gilt jedoch das Prinzip “Therapie statt Strafe”.
In Fällen von Strafverfahren aufgrund des Besitzes oder Erwerbs geringer Mengen Suchtgift kann die Staatsanwaltschaft gemäß § 35 SMG vorübergehend von der Verfolgung absehen, wenn die Tat nach § 27 SMG Abs. 1 und 2 oder § 30 SMG:
– ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder
– für den persönlichen Gebrauch einer anderen Person
– ohne dass der Beschuldigte daraus einen Vorteil gezogen hat,
begangen wurde. In diesem Fall kann die Staatsanwaltschaft eine vorübergehende Aussetzung der Verfolgung unter Festlegung einer Probezeit von einem bis zwei Jahren gemäß § 35 SMG anordnen.
Diese Aussetzung der Verfolgung erfordert normalerweise eine Stellungnahme von einer geeigneten medizinischen oder psychologischen Einrichtung oder der Bezirksverwaltungsbehörde in ihrer Funktion als Gesundheitsbehörde, die die Notwendigkeit einer gesundheitsbezogenen Maßnahme gemäß § 11 Abs. 2 SMG prüft. Diese Stellungnahme muss angeben, welche Maßnahme gegebenenfalls erforderlich ist, ob sie unter den gegebenen Umständen zweckmäßig und für die betroffene Person möglich und zumutbar ist. Daher ist eine Anzeige wegen des Besitzes von Suchtmitteln in der Regel mit einer sozialmedizinischen oder psychiatrischen Untersuchung verbunden.
Die Bezirksverwaltungsbehörde kann von der Einholung einer Stellungnahme absehen, wenn eine Person ausschließlich deshalb angezeigt wird, weil sie Stoffe oder Zubereitungen aus der Cannabispflanze in geringer Menge für den eigenen Gebrauch, d. h. Eigenbedarf, erworben oder besessen hat, und es keine Anzeichen dafür gibt, dass die Person eine gesundheitsbezogene Maßnahme benötigt. Eine Stellungnahme ist jedoch erforderlich, wenn eine Person innerhalb der letzten fünf Jahre zuvor bereits wegen einer ähnlichen Straftat angezeigt wurde.
Wenn die betroffene Person nach der Beurteilung eines medizinischen Fachmanns für Suchtmittelprobleme eine gesundheitsbezogene Maßnahme gemäß § 11 Abs. 2 SMG benötigt, kann die Staatsanwaltschaft die vorübergehende Aussetzung der Anzeige von der Bereitschaft der betroffenen Person abhängig machen, sich einer solchen Maßnahme zu unterziehen. Alternativ kann die Aussetzung der Anzeige von einer regelmäßigen Betreuung durch einen Bewährungshelfer gemäß § 37 SMG abhängig gemacht werden.
Die vorübergehende Aussetzung der Anzeige gemäß § 35 SMG ist daher in der Regel mit einer Überwachung des Gesundheitszustands der betroffenen Person verbunden. Wenn sich die betroffene Person beharrlich der Überwachung entzieht, muss dies der Staatsanwaltschaft gemeldet werden, was oft zur Fortsetzung des Strafverfahrens gemäß § 38 SMG führt. Das Verfahren wird auch gemäß § 38 SMG fortgesetzt, wenn die betroffene Person innerhalb der Probezeit erneut eine Straftat nach dem Suchtmittelgesetz begeht. Darüber hinaus kann die betroffene Person jederzeit einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens gemäß § 38 SMG stellen, wenn sie der Meinung ist, zu Unrecht eines Suchtmitteldelikts beschuldigt worden zu sein.
Was ist eine geringe Menge Cannabis (Eigenbedarf) in Österreich?
Die Definition von “Eigenbedarf” für Cannabis in Österreich hängt von der Menge an reinem THC (Tetrahydrocannabinol) und der Vorstufe THCA (Tetrahydrocannabinolsäure) ab, die sichergestellt wurde. Bis zu 20 Gramm reines THC und bis zu 40 Gramm THCA gelten in Österreich als Eigenbedarf. Da der durchschnittliche Reinheitsgehalt von Cannabis nur etwa zehn Prozent der Gesamtmenge beträgt, kann dies bis zu 200 Gramm Cannabis (Gras) ausmachen. Wenn sich herausstellt, dass jemand sein eigenes Cannabis anbaut, tritt die Staatsanwaltschaft in der Regel von der Verfolgung zurück, wenn die Menge unter 20 Gramm THC liegt.
Gesundheitsbezogene Maßnahmen gemäß § 11 SMG umfassen
– die ärztliche Überwachung des Gesundheitszustands,
– die ärztliche Behandlung, einschließlich Entzugs- und Substitutionsbehandlung,
– die klinisch-psychologische Beratung und Betreuung,
– die Psychotherapie sowie
– die psychosoziale Beratung und Betreuung
durch qualifizierte Fachleute, die mit Fragen des Suchtmittelmissbrauchs vertraut sind.
Wenn innerhalb der Probezeit erneut eine strafbare Handlung nach dem SMG begangen wird, setzt das Strafverfahren gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 fort, und es wird eine Strafanzeige gestellt.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Staatsanwaltschaft auch von der Verfolgung absehen, wenn es sich um eine größere Menge Suchtmittel (gemäß § 28a SMG) handelte, der Beschuldigte jedoch süchtig ist und keine schwerwiegende Schuld trifft.
Aufschub des Strafvollzugs gemäß § 39 SMG
Selbst wenn jemand wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, besteht die Möglichkeit, den Strafvollzug aufzuschieben.
Die verhängte Haftstrafe muss nicht sofort angetreten oder die verhängte Geldstrafe muss nicht sofort beglichen werden, wenn:
– die betroffene Person süchtig ist,
– eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe, die eine bestimmte Obergrenze nicht überschreitet, verhängt wurde, und
– die betroffene Person bereit ist, sich einer notwendigen “gesundheitsbezogenen Maßnahme” zu unterziehen.
Wenn die “gesundheitsbezogene Maßnahme” erfolgreich abgeschlossen wurde, muss das Gericht die unbedingte Geldstrafe oder Freiheitsstrafe in eine bedingte Strafe mit einer Probezeit umwandeln.
Was tun, wenn gegen mich wegen Suchtmittelkonsum oder Besitz ermittelt wird?
Beschuldigte haben Rechte und sollten diese nutzen. Bevor Sie mit der Polizei sprechen, sollten Sie sich an einen Anwalt wenden. Als Experte im Suchtmittelrecht kann ich Ihnen die bestmögliche Verteidigung bieten und Ihre Rechte wahren. In vielen Fällen unterlaufen den Strafverfolgungsbehörden Fehler bei der Berechnung von Grenzwerten. Außerdem ist es in der Praxis häufig der Fall, dass Beschuldigte mehr zugeben, als die Ermittlungsbehörden tatsächlich nachweisen können. Es ist wichtig zu beachten, dass die Führerscheinbehörde die gesundheitliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Frage stellen kann, wenn jemand freiwillig zugibt, regelmäßig Drogen zu konsumieren.
Daher ist es ratsam, die Aussage zu verweigern, bis Sie mit einem Strafverteidiger und Experten im Suchtmittelrecht gesprochen haben.