
Beleidigung nach österreichischem Strafrecht – § 115 StGB erklärt
§ 115 StGB erklärt
Die Beleidigung ist ein klassisches Ehrdelikt des österreichischen Strafrechts. Sie schützt die persönliche Würde und Ehre des Einzelnen vor herabsetzenden oder verletzenden Handlungen. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 115 Strafgesetzbuch (StGB).
Gesetzliche Grundlage und Tatbestandsvarianten (§ 115 Abs. 1 StGB)
Nach § 115 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich oder vor mehreren Leuten einen anderen: beschimpft, verspottet, am Körper misshandelt oder mit einer körperlichen Misshandlung bedroht.
Diese Handlungen müssen geeignet sein, den Betroffenen in seiner Ehre zu verletzen oder zu erniedrigen.
Öffentlichkeit und „vor mehreren Leuten“ (§ 115 Abs. 2 StGB)
Von einer Beleidigung „vor mehreren Leuten“ spricht man, wenn die Handlung in Gegenwart von mehr als zwei vom Täter und vom Opfer verschiedenen Personen begangen wird und diese sie wahrnehmen können. Damit genügt es, wenn drei unbeteiligte Personen die Beleidigung hören oder sehen.
Strafdrohung
Die Beleidigung wird mit
➡️ Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder
➡️ Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen
bestraft, sofern nicht eine strengere Bestimmung (z. B. üble Nachrede oder Verleumdung) zur Anwendung kommt.
Entschuldigungsgrund (§ 115 Abs. 3 StGB)
Unter bestimmten Umständen ist der Täter entschuldigt, wenn: er sich aus Entrüstung über das Verhalten eines anderen zu seiner Handlung hinreißen lässt, die Handlung den Umständen nach entschuldbar ist und die Entrüstung allgemein begreiflich erscheint.
Die Rechtsprechung konkretisiert: Eine Entrüstung ist „allgemein begreiflich“, wenn ein Durchschnittsmensch sie nachvollziehen kann. Unverhältnismäßige Überreaktionen bleiben strafbar.
Verfolgung – Privatanklagedelikt (§ 117 StGB)
Die Beleidigung ist grundsätzlich ein Privatanklagedelikt. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft nur auf Antrag des Opfers tätig wird.
Die betroffene Person muss also selbst Klage erheben.
Ausnahmen: Amtsverfolgung
Von Amts wegen verfolgt werden Beleidigungen gegen: den Bundespräsidenten, den Nationalrat, Bundesrat, die Bundesversammlung oder einen Landtag, das Bundesheer oder eine seiner Abteilungen, eine Behörde.
In diesen Fällen bedarf es einer Ermächtigung der beleidigten Institution oder Person (§ 117 Abs. 1 StGB).
Besondere Verfolgungsregelungen
§ 117 Abs. 2 StGB: Bei Beleidigungen von Beamten oder Seelsorgern während der Amtsausübung ist die Ermächtigung der vorgesetzten Stelle erforderlich.
§ 117 Abs. 3 StGB: Beleidigungen aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität oder ähnlichen Merkmalen (§ 283 Abs. 1 StGB) werden mit Ermächtigung des Opfers durch die Staatsanwaltschaft verfolgt.
Verfahrensrechtliche Besonderheiten – Privatanklage (§ 71 StPO)
Da es sich um ein Privatanklagedelikt handelt, findet kein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft statt.
Das Opfer muss selbst als Privatankläger auftreten und eine schriftliche Anklage einbringen.
Online-Beleidigungen: Die Ausforschung des Täters ist auf Antrag des Opfers möglich (§§ 111, 113, 115 StGB iVm § 71 StPO).
Frist: Nach Erhalt der Auskunft muss die Privatanklage innerhalb von sechs Wochen eingebracht werden.
Rechte: Der Privatankläger hat weitgehend die gleichen Rechte wie die Staatsanwaltschaft, darf aber Zwangsmaßnahmen nur eingeschränkt beantragen.
Abgrenzung zu anderen Delikten
| Delikt | Wesentlicher Inhalt | Gesetzliche Grundlage |
|---|---|---|
| Üble Nachrede | Behauptung einer verächtlichen Eigenschaft oder eines unehrenhaften Verhaltens; Wahrheitsbeweis möglich | § 111 StGB |
| Verleumdung | Wissentlich falsche Verdächtigung einer strafbaren Handlung | § 297 StGB |
| Fortdauernde Belästigung | Ehrenverletzende Handlungen über längere Zeit via Telekommunikation oder Internet | § 107c StGB |
Besondere Konstellationen aus der Rechtsprechung
Mehrere Beleidigungen in einem Schriftsatz: gelten als eine einzige Tat.
Körperliche Misshandlung als Beleidigung: Wenn ein Lehrer einem Schüler vor der Klasse einen Klebestreifen über den Mund klebt, liegt eine Beleidigung durch Misshandlung vor (§ 115 Abs. 1 StGB).
Fazit
Die Beleidigung nach § 115 StGB ist kein Bagatelldelikt. Wer sich in seiner Ehre verletzt fühlt, kann den Täter im Wege der Privatanklage zur Verantwortung ziehen.
Gleichzeitig schützt das Gesetz auch den emotional nachvollziehbaren Affekt, sofern dieser den Umständen nach entschuldbar ist.
Bei Fragen zur Strafverfolgung von Beleidigungen, insbesondere im Internet oder auf Social Media, beraten wir Sie gerne umfassend und vertreten Ihre Interessen.